
St. Augustine im Norden Floridas ist eine überschaubare Stadt mit tropischem Charme. In der Fußgängerzone St. George Street, aber nicht nur dort, lebt die Mischung aus spanischer Vergangenheit, amerikanischer Großzügigkeit und der Grandezza des Eisenbahnmagnaten Henry Flagler, der hier die ersten Luxushotels bauen ließ. Es gibt verblichene Mosaike an Häuserwänden, Antiquitätenläden, verwunschene Häuser im Kolonialstil. Im gesamten historischen Viertel höre ich Pferdegetrappel — kleinen Kutschen fahren Touristen durch die Gegend. Müde Katzen blinzeln von bewachsenen Mauern. Ich wandele auf den Spuren der Geschichte, schließlich ist St. Augustine die älteste permanent besiedelte Stadt der USA. Aber der wahre Grund für mein Kommen sind einige höchst kuriose Museen. Manche halten sie für touristischen Blödsinn, ich hingegen finde sie hinreißend skurril. Weil das amerikanische Leben bekanntlich vor dramatischen Begebenheiten nur so strotzt, gibt es das Museum "Tragedy in U.S. History" wo mir der Mord an J. F. K. und das Todesauto von Hollywoodstar Jane Mansfield vorgeführt werden. Auf dem Nachbargrundstück liegt die Fountain of Youth, wo ich an einem kühlen Naß nippe, das ewiges Leben verspricht. Im Zorayda Castle, einer grandiosen Reproduktion der spanischen Alhambra, lerne ich die dubiosen Freizeitbeschäftigungen maurischer Könige kennen. Das alles ist jedoch NICHTS gegen das Kuriositätenkabinett Believe it or Not eines gewissen Robert Ripley. Längst ein Franchise-Unternehmen, steht in St. Augustine das ORIGINAL. Der Cartoonist reiste im frühen 20. Jahrhundert durch die Welt und brachte die verrrücktesten Dinge und Berichte mit nach Hause. Er zeichnete einen Mann mit vier Pupillen, filmte jemanden, der durch Augen und Ohren rauchte, und traf den Mann, dem ein Exekutionskommando acht Kugeln durch den Leib jagte und der anschließend davonging, als sei nichts geschehen. Von den Fiji Inseln brachte Ripley eine Meerjungfrau mit, aus Nürnberg eine mittelalterliche Foltermaschine und aus Ecuador Schrumpfköpfe, die er ganz besonders liebte. Nach Ripleys Tod wurde die Sammlung ergänzt: etwa durch eine sechsbeinige Kuh oder ein dreibeiniges Pferd, sehr gut gefiel mir auch Andy, die dreibeinige Gans — alle sind ausgestopft zur Bewunderung freigegeben. Dann sehe ich noch Wang, das menschliche Einhorn, die Frau aus Burma mit dem Giraffenhals und einen Grabstein mit der Aufschrift: "I expected this but not so soon". So schreite ich vorbei an Hokuspokus, an Albernem, Bizarren und frage mich, was wahr sein könnte und was nicht. Ich gebe zu, vieles möchte ich gerne glauben. Aber ob dem Chinesen, der nachts durch die Straßen von Chungking lief, tatsächlich eine Kerze aus dem Kopf wuchs? Believe it or not!